30 Dezember 2021

Der Arbeitsplatz ist ein sozialer Ort

Und noch ein früherer Beitrag - aus Mai 2019

Lange Zeit habe ich keinen Blog mehr betrieben… vielleicht ist es mal wieder an der Zeit, einen neuen zu beginnen. Also habe ich mich heute kurzentschlossen dazu „genötigt“, mit dem Baukasten hier einen neuen Blog zu eröffnen.

Bitte nicht wundern, denn ich habe nur das notwendigste hier eingerichtet.

Was hat mich dazu bewogen, nach langer Zeit mal wieder was zu schreiben? Eigentlich waren es 2 Ereignisse.

Letzte Woche hat mich ein Kollege angesprochen: Bei der Firma XY wird die Arbeitszeit auf täglich 5 Stunden gekürzt, bei gleichem Gehalt wie bislang!
Ich erwiderte: Findest Du das gut?
K: Na klar! Ist doch super!
I: Finde ich nicht!
K: Wieso?
I: Okay! Spielen wir den Gedanken mal durch! Was bedeutet das? Du kommst, setzt Dich vor Deine Tastatur, erledigt stupide Deine Arbeit und gehst wieder nach Hause! Denn was bedeutet diese Zeitverkürzung in Wahrheit? Reduzierung aufs arbeiten, wie ein Roboter! Nichts Menschliches mehr, nichts was von der Arbeit „ablenkt“.
K: <denkt nach> Vielleicht doch nicht so toll…

Zufällig bin ich dann gestern noch auf diesen Artikel in der SZ gestoßen
Der Artikel beleuchtet gut, das Für und Wider der Arbeitsverdichtung.

Ich persönlich empfinde die ausschließliche Verdichtung auf die reine Arbeitsverrichtung als Horror! Ich habe so etwas Ähnliches bereits in einem Unternehmen erlebt. Die damalige Führungskraft duldete keinerlei private oder persönliche Unterhaltung. Kein privates Wort, kein Gespräch unter Kollegen, nichts! Ich habe dieses Klima, schnell als Klima der Angst empfunden und mich bereits nach kurzer Zeit von dem Unternehmen getrennt.

Für mich grenzt so etwas schon an Sklavenarbeit. Kommen, ackern, gehen! Nichts Menschliches mehr und da nützen mir auch die 3 „gewonnenen“ Stunden nichts, wenn die übrigen 5 unmenschlich sind. Ich sehe in diesem Modell aber auch noch eine andere Gefahr. Verlust der Kreativität! Wie viele Ideen sind schon bei Kaffeetassen-Gesprächen in der Kaffeeküche entstanden? Wie viel Austausch wurde beim zufälligen Aufeinandertreffen schon initiiert? Frei nach dem Motto: „wo ich Dich gerade treffe… ich wollte Dich schon lange fragen…“ oder „hast Du mitbekommen...“
Dies alles bleibt in der Verdichtung der Arbeitszeit auf der Strecke! Für mich sind dies die wertvollen Augenblicke meiner Arbeitszeit!

Mit einem guten Gefühl zur Arbeit gehen, sich auf das Umfeld und die Kolleginnen und Kollegen freuen, das sorgt für einen guten Start in den Tag und für Freude an der Arbeit – und schlussendlich auch für bessere Arbeitsergebnisse.

Wenn mich meine Kollegin morgens schon mit einem schallenden „guten Morgen“ begrüsst, muss ich lachen, auch wenn ich gerade noch muffelig und müde bin, weil ich mal wieder zu wenig geschlafen hab. Und wenn ein Kollege mit einem Kaffee in der Tür steht und sagt „Ich hab da ne Idee, hast Du Zeit?“. Dann ist die Welt für mich in Ordnung, auch wenn ich augenscheinlich gerade nichts produktiv erwirtschafte. Solche spontanen Ideen, waren Initialpunkt für die tollsten Entwicklungen, entstanden mit der Kaffeetasse in der Hand in der Kaffeeküche!

Auf der anderen Seite glaube ich auch nicht daran, dass diese Verdichtung der Arbeitszeit auf Dauer funktioniert. Sozialkontakte und Zwischenmenschlichkeit lassen sich auf Dauer nicht unterdrücken! Was passiert also: Die Mitarbeitenden versprechen in weniger Zeit die gleiche Leistung zu bringen. Anfangs mag das auch funktionieren, aber nach und nach wird der Drang nach zwischenmenschlichem Kontakt sein natürliches Recht fordern. Wir sind keine Roboter! Die gewünschte und angedachte Konzentration auf die Arbeit wird aufgeweicht, die Arbeitsleistung unweigerlich reduziert, was mittel- oder langfristig zu einer Unzufriedenheit führt. Projektziele werden nicht erreicht werden, Termine nicht gehalten.

Felicitas Wilke in der SZ hat es für mich auf den Punkt gebracht: Der Arbeitsplatz ist ein sozialer Ort! In diesem Sinne: Ich wünsche mir noch viele Kaffeetassengespräche!

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